DIE DEUTSCHEN SIND GESTRESST UND MIT IHRER ARBEIT UNZUFRIEDEN. WEGE AUS DEM JOB-STRESS.

Fast jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland ist unzufrieden mit seinem Job, wie das Marktforschungsinstitut YouGov kürzlich erhoben hat. 24 Prozent der Arbeitnehmer haben, der Gallup-Studie zufolge, bereits innerlich gekündigt. Vor allem die hohe Arbeitsbelastung scheint hier ausschlaggebend zu sein. Der Zwang zur ständigen Erreichbarkeit, oft gepaart mit schlechter Führung, tut sein Übriges. Auf der anderen Seite zählt Arbeit aber zu den menschlichen Grundbedürfnissen.

Mit Arbeitszeiten von durchschnittlich 41,7 Arbeitsstunden pro Woche liegen die Deutschen weit unter dem Europäischen Durchschnitt. Dennoch wird die hohe Arbeitsbelastung von vielen Arbeitnehmern als negativ wahrgenommen. Nicht selten ist diese empfundene Belastung auch in der Vereinbarkeit des Jobs mit dem Privatleben begründet. Der Gallup-Studie folgend sind nur 15 Prozent der Arbeitnehmer hochmotiviert bei der Arbeit. Die große Masse – 61 Prozent – macht Dienst nach Vorschrift. Alarmierend vor allem, weil dann die innere Kündigung nicht mehr weit ist. Ein Viertel hat bereits innerlich gekündigt.

Jeder fünfte Arbeitnehmer leidet, nach einer aktuellen Studie des FAZ-Instituts und Forsa, unter gesundheitlichen Stressfolgen. Dabei ist nach wie vor der Job Stressfaktor Nummer Eins. Ein Grund für Stress im Job sind Hetze und Termindruck. Die Anforderung, durch neue Kommunikationsmittel rund um die Uhr erreichbar zu sein, ist für viele belastend. Inzwischen sind 84 Prozent der Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar. 51 Prozent sogar permanent. Rund ein Drittel der von Forsa Befragten fühlt sich dadurch stark erschöpft oder sogar ausgebrannt.

Ein weiterer Grund für mangelndes Wohlbefinden ist die schlechte Führung. Einer Erhebung von Science Transfer zufolge, geht es Mitarbeitern vor allem darum „als Mensch wahrgenommen zu werden.“ Sparen Vorgesetzte mit Wertschätzung und Anerkennung und sind sie zudem kaum ansprechbar, kann dies für den Mitarbeiter sehr schnell zu Frust führen.

Arbeit zählt zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Der Maslowschen Bedürfnis-Pyramide (von Grund- und Existenzbedürfnissen bis hin zur Selbstverwirklichung) folgend, kann Arbeit nahezu alle menschlichen Grundbedürfnisse erfüllen. Warum fühlen sich dann so viele gestresst?

„Die zunehmende multidimensionale Belastungsstruktur führt viele an die Belastungsgrenze.“ weiß Norbert Hüge, Vorstandsvorsitzender des DBVB.

„Es fällt nicht leicht, die ständige Erreichbarkeit von anderen potenziellen Stressquellen abzugrenzen.“ Oft potenzieren sich mehrere Stressquellen und können nicht mehr eindeutig zugeordnet werden. Es wird dann in der eigenen Wahrnehmung ein „Schuldiger“ herausgefiltert. Das ist oft der Job, weil er eben ständig präsent ist. Verkürzte und unterbrochene Erholungszeiten und die mangelnde Planbarkeit, sowie die kaum noch mögliche Abgrenzung von Freizeitaktivitäten führen zu einem ständigen Unruhezustand.

Um diesen Faktoren entgegen zu wirken, können folgende Verhaltensregeln beitragen:
- Grenzen setzen: Erreichbarkeit ja, aber nur innerhalb gewisser Zeiten.
- Eigenverantwortlicher Umgang mit der Technik – „sich nicht beherrschen lassen“.
- Freiräume, Entschleunigungsoasen schaffen.
- Partner suchen / Kollektive Lösungen erarbeiten.
- Reflexion des eigenen Verhaltens.

Aber auch Führungskräfte können zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beitragen. Ein wertschätzendes Verhalten und persönliche Präsenz für die Teammitglieder kann das Arbeitsklima drastisch verbessern. „Sind Sie für Ihre Mitarbeiter ansprechbar und zeigen Sie emotionale Intelligenz.“ empfiehlt Norbert Hüge.

Probleme lösen sich prinzipiell nicht pauschal dadurch, den Job zu wechseln. Eine Lösung kann es sein, an der inneren Einstellung zu arbeiten. So sind Coachings zur Steigerung der eigenen Resilienz oder das Erlernen von Entspannungstechniken oft ein Anfang, negative Denkprozesse zu durchbrechen. Ein bewusstes Leben zwischen Spannung und Entspannung führt dazu, den Stress nicht mehr dauerhaft als belastend, sondern im Idealfall sogar als Impuls wahrnehmen zu können.